Future of Finance (Teil 3): Auf gute Zusammenarbeit
Seit einigen Jahren müssen sich Entscheider*innen intensiv mit der digitalen Transformation befassen. Vor welchen Herausforderungen steht das Top-Management, insbesondere der Finanzvorstand? Haben sich die Anforderungen an die Mitarbeiter*innen der Finanzabteilung verändert? Und was bedeutet die Digitalisierung für die Zusammenarbeit mit Berater-/Prüfer*innen?
Für Timo Husemann, Dr. Wolfgang Völl und Dr. Andreas Eckhardt stehen Digitalisierungsfragen auf der Agenda vieler Mandate – ob in der Wirtschaftsprüfung, in der Prozessberatung oder in der Rechtsberatung. Ihre Erfahrungen zeigen: Im Finanzbereich ist der Transformationsdruck besonders hoch.
Teil 1 der Gesprächsreihe befasst sich mit den Herausforderungen an die Finanzabteilung und den Finanzvorstand.
Teil 2 der Gesprächsreihe widmet sich den Anforderungen an die Mitarbeiter*innen.
Teil 3 der Gesprächsreihe beleuchtet die Zusammenarbeit mit Berater-/Prüfer*innen.
Wie läuft die Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeiter*innen der Finanzabteilung und den Prüfer-/Berater*innen? Welchen Einfluss haben einzelne Solutions? Könnte das Zusammenspiel noch verbessert werden?
Wolfgang Völl: Der technologische Wandel bringt viele Veränderungen mit sich. Die Frage ist, welche Skills idealerweise auf Mandanten- und Beraterseite vorhanden sein müssen, damit die Zusammenarbeit gut funktioniert. Meiner Meinung nach gehören zukunftsorientiertes Denken und technologisches Verständnis unbedingt zum Skillset. Während Innovationen vor allem in den Beratungen vorangetrieben werden, sind auf Mandantenseite eigene technische Lösungen und Kooperationen mit Technologieanbietern wichtig.
Timo Husemann: Ich würde Belastbarkeit bzw. Resilienz ergänzen wollen. Für uns Prüfer*innen ist Transformationsdruck nichts Neues. Aber auf Kunden- bzw. Mandantenseite sehen wir, wie stark sich die Welt durch Megatrends wie Globalisierung oder Digitalisierung verändert. Diesen Transformationsdruck muss man auch aushalten können und wollen. Insbesondere für Mitarbeiter*innen kann Transformation eine zusätzliche Anforderung sein, die einem nicht behagt.
Wolfgang Völl: Richtig. Mit zunehmender Komplexität steigen sowohl die Anforderungen an die Beratung als auch die Erwartungen der Mandant*innen. Daher ist die Qualifizierung der Mitarbeiter*innen auf beiden Seiten ein ganz entscheidender Faktor, wenn es um hochtechnische Fragestellungen geht.
Dr. Andreas Eckhardt: Wenn wir dabei an den viel zitierten „War for Talent“ denken, der ebenfalls für beide Seiten gilt, könnten – zumindest auf Beraterseite – Kooperationen oder gar die Übernahme von Unternehmen mit Spezial-Know-how eine Alternative sein. Und auf Mandantenseite sehe ich im Outsourcing bzw. Einkauf von Dienstleistungen wie Reporting as a Service (RaaS) eine gute Möglichkeit, die zunehmende Komplexität zu bewältigen.
Wolfgang Völl: Zum Skillset für eine gute Zusammenarbeit gehören auch flexible Denkweisen. Die Kollaboration über Unternehmensgrenzen hinweg, sei es via Microsoft Teams oder andere Plattformen, ist inzwischen fast selbstverständlich. Alternative Honorarmodelle, z. B. die Abrechnung nach dem Wert der Dienstleistung anstatt nach Tagen, gibt es auch schon. Besonders interessant finde ich vordefinierte Lösungen bzw. vordefinierte Inhalte, die auf den Time-to-Value-Gedanken einzahlen, d. h. die Zeit, die verstreicht, bis eine Produktidee oder ein Serviceangebot erstmals einen Wert auf Mandantenseite generieren kann.
Andreas Eckhardt: Eines möchte ich zu den Skills noch ergänzen: Das richtige Verständnis von Verantwortung ist ebenfalls entscheidend für die Zusammenarbeit. Die Leute müssen begreifen, dass das Team stärker ist als der Einzelne. Es geht nicht mehr um Mandant*in vs. Berater*in, sondern um ein Team – selbstverständlich mit klaren Verantwortlichkeiten für jede*n Einzelne*n.
Timo Husemann: Apropos Verantwortlichkeiten: Meine Verantwortung als Prüfer besteht darin, die technologische Transformation gelenkt und gerichtet zu begleiten. Ich muss die eingesetzten Technologien meiner Mandant*innen bewerten und ihr Fehlerpotenzial beurteilen.
Andreas Eckhardt: Die Finanzabteilung ist längst im Umbruch. Was bedeutet der Einsatz technischer Lösungen für die Prüfung? Und wo liegt das Potenzial für die weitere Verbesserung der Zusammenarbeit?
Timo Husemann: Insbesondere im Bereich der Automatisierung über No- oder Low-Code-Plattformen muss ich als Prüfer sicherstellen, dass Governance-Strukturen existieren, die Automatisierungen und deren Entwicklung nachvollziehbar ermöglichen. Einfache Lösungen wie Mandantenkommunikationsplattformen und Saldenbestätigungsplattformen schaffen Klarheit und Transparenz für Mandant*innen und Wirtschaftsprüfer*innen. Und genau das stärkt die Zusammenarbeit zwischen den Audit-Teams, den Mandant*innen und involvierten Drittparteien. Wichtig ist hier, einfache und intuitive Plattformen einzusetzen, die das Mandanten-Onboarding leicht gestalten.
Andreas Eckhardt: In jedem Fall ist es wichtig, die Schnittstellen (Interfaces/API) zu verstehen. Denn das richtige Verständnis in der Verteilung von Zuständigkeiten, Rollen und Funktionen muss sich in den technischen Lösungen und ihren Schnittstellen zueinander abbilden. Daten müssen bestmöglich in den Systemen erzeugt werden und in diesen verbleiben. Ein Verlassen von Daten aus der eigenen Organisation heraus stellt grundsätzlich das größte Risiko von Ineffizienz und Fehleranfälligkeit dar. Sofern Daten die eigene Organisation verlassen müssen, ist über effiziente Schnittstellen zum Dritten (Prüfer*in oder Berater*in) sicherzustellen, dass Daten in geringstmöglichem Maße verändert oder beeinflusst werden.
Wolfgang Völl: Auch hier gilt wieder: Die Implementierung von neuen Technologien ist leicht im Verhältnis zur Veränderung von Arbeits- und Verhaltensweisen. Kollaboration muss trainiert werden. Das erfordert Zeit und professionelle Begleitung.
Andreas Eckhardt: Ich empfehle, dies klar anzusprechen und einen Fahrplan für die Umsetzung festzulegen. Nur wenn man die Anforderungen an Rollen, Kompetenzen und Schnittstellen in den Finanzabteilungen bespricht und trainiert, ist eine erfolgreiche Kollaboration möglich.
Timo Husemann: Mein Tipp: Plattformbasierte technologische Lösungen können alle Beteiligten in dieser Art des Denkens und Arbeitens unterstützen.
Für weitere Themen rund um die Wirtschaftsprüfung und Mazars folgen Sie uns auch auf LinkedIn, X und XING.
Kommentare