Eigenmittelanforderungen nach CRR III: Neues zu den Eigenmittelanforderungen für das CVA-Risiko
Wie viele Eigenmittel braucht eine Bank, um ihre mit Risiken behafteten Geschäfte einzugehen? Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervision, BCBS) sucht seit Jahrzehnten eine Antwort auf diese Frage. Mit den Baseler Rahmenwerken veröffentlicht er Regeln, die die Eigenmittelvorgaben für den Bankensektor nachhaltig verändern. Ziel ist es, die Stabilität und Widerstandsfähigkeit der Banken zu stärken.
In Teil 5 unserer Serie zu den neuen aufsichtsrechtlichen Vorgaben im Bankensektor geht Irina Ursachi auf die neuen Eigenmittelanforderungen für das Credit Valuation Adjustment Risiko ein. Bei diesem CVA-Risiko handelt es sich um das Risiko einer Kreditbewertungsanpassung bei derivativen Geschäften beziehungsweise Wertpapierfinanzierungsgeschäften. Was ist die Zielsetzung der Kapitalunterlegung des CVA-Risikos? Wie werden CVA und das CVA-Risiko berechnet? Welche Ansätze sind künftig für die Institute erlaubt?
Im Rahmen der Jahresabschlussprüfung ist es die Aufgabe von Wirtschaftsprüfer*innen, die von den Kreditinstituten getroffenen Vorkehrungen zur ordnungsgemäßen Ermittlung der Kapitalquoten zu beurteilen. Hierbei müssen die Prüfer*innen ab dem 1. Januar 2025 die neuen Vorgaben der Capital Requirements Regulation III (CRR III) beachten und ihre Verfahren entsprechend anpassen.
Was ist das Ziel der Eigenmittelanforderungen für das CVA-Risiko?
Das CVA stellt den Marktpreis des Kontrahentenrisikos dar. Die Eigenmittelanforderungen für das CVA, oder die CVA Risk Capital Charge, befasst sich mit den erwarteten Verlusten aus Derivaten und Wertpapierfinanzierungsgeschäften. Solche Verluste können aufgrund von Ratingmigrationen, also durch eine Anpassung der Bonitätsnote, oder Credit-Spread-Änderungen des Kontrahenten entstehen. Derivate, die nicht an den Börsen gehandelt werden – die sogenannten OTC-Derivate (Englisch: „Over-the-counter“) –, und Wertpapierfinanzierungsgeschäfte sind von Natur aus auch Kontrahentenrisiken unterstellt.
Das Kontrahentenrisiko ist das Risiko, dass eine Gegenpartei ihren Verpflichtungen nicht oder zum Teil nicht nachkommt. Dieses Risiko hat zwei Komponenten: das Adressenausfall- und das Marktpreisrisiko. Diese beiden Komponenten werden durch die Wahrscheinlichkeit, dass die Gegenpartei ausfällt, beziehungsweise durch das Marktpreisrisikoexposure reflektiert. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich eine CVA-Änderung durch eine Veränderung der Kreditqualität der Gegenpartei (Adressenausfallrisiko), durch eine Veränderung des absoluten Preises des Derivats (Marktpreisrisiko) oder durch eine Kombination aus beiden ergeben kann. Das Risiko der CVA-Volatilität ist nach dem Baseler Rahmenwerk mit Kapital zu unterlegen. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht hat die Grundsätze für die Ermittlung der Eigenmittelanforderungen für das CVA-Risiko im Juli 2020 im Rahmen von CRR III final kalibriert. Die neuen Regeln treten voraussichtlich am 1. Januar 2025 verbindlich in Kraft.
Wie wird CVA berechnet?
Die Institute müssen die Kreditbewertungsanpassung für jeden einzelnen Kontrahenten separat errechnen. Hierbei müssen sie auch Sicherheiten berücksichtigen, da besicherte Kontrahenten üblicherweise ein geringeres CVA ausweisen als Kontrahenten ohne Besicherung. Auch Nettingverträge fließen mit ein, also die Verrechnung gegenläufiger Zahlungsansprüche und -verpflichtungen.
Das Risikomanagement von Finanzinstituten mit aktivem Handelsgeschäft erfordert eine tägliche Bewertung der Derivateportfolien sowie die tägliche Bewertung der Risikoposition aus Kontrahentenrisiken, also des CVA. Abhängig von der Portfolioausrichtung können hohe Marktschwankungen das CVA im Fair Value, also dem beizulegenden Zeitwert, in die Höhe treiben und sich somit auf das handelsrechtliche Ergebnis des Instituts auswirken. Die meisten Institute berechnen das CVA im Fair Value anhand eines simulationsbasierten Ansatzes: Dabei werden die Portfolio-Risikofaktoren über ein Zeitintervall simuliert. Die simulierten Größen werden verwendet, um eine CVA zu erhalten. Um solche Simulationen durchzuführen, müssen Modellannahmen zu den Risikofaktoren getroffen werden.
Wie werden die Eigenmittelanforderungen für das CVA-Risiko berechnet?
Ausgangspunkt der Maßnahmen ist immer eine Neubewertung von OTC-Derivaten im Portfolio der Bank. Die Institute errechnen ihre CVA-Eigenmittelanforderungen („aufsichtsrechtliche CVA“) für ihr CVA-Portfolio, welches OTC-Derivate, Wertpapierfinanzierungsgeschäfte sowie auch CVA-Absicherungsgeschäfte enthält.
Die CRR III löst die alten Ansätze zur Berechnung des CVA-Risikos ab und ersetzt diese durch den Basisansatz (Basis Approach CVA, BA-CVA) und den Standardansatz (Standard Approach CVA, SA-CVA). Darüber hinaus müssen Finanzinstitute ab dem 1. Januar 2025 komplett auf die bereits von der Aufsicht zugelassenen internen Modelle verzichten.
Der Basisansatz zielt darauf ab, die derzeitige Standardmethode zur Ermittlung der Eigenmittelanforderung für das CVA-Risiko weiterzuentwickeln. Anders als der Basisansatz erfordert der Standardansatz eine Genehmigung der Aufsicht. Diese wird nach Erfüllung bestimmter Voraussetzungen erteilt. So muss die Bank beispielsweise einen aktiven Trading Desk zur Verwaltung des CVA einrichten. Zudem ist die Genehmigung daran geknüpft, dass bei der Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeiten je Kontrahenten der Markt in die Betrachtung mit einbezogen wird (marktimplizierte Methode). Schließlich muss die Bank das CVA im Fair Value anhand eines simulationsbasierten Ansatzes ermitteln.
Für Institute, die mit den relevanten Portfolien bestimmte Schwellenwerte bei der Unternehmensgröße nicht überschreiten, ermöglicht die Aufsicht auch ein vereinfachtes Verfahren zur Genehmigung des Standardansatzes.
Die CVA-Risiko-Eigenmittelanforderung ist mindestens monatlich zu berechnen und der Aufsicht quartalsweise zu melden.
Was folgt aus den Neuerungen?
Die oft kritisierte unzureichende Risikosensitivität der bisherigen CVA-Messansätze sowie mangelnde Anerkennung der für Rechnungslegungszwecke entwickelten CVA-Modelle waren die ersten Auslöser der Diskussionen sowie der kommenden Änderungen für die Eigenmittelanforderungen für das CVA-Risiko. CRR III ist das Ergebnis dieser jahrelangen Diskussionen. Das Baseler Rahmenwerk will alle wichtigen Treiber des CVA-Risikos in die Ermittlung der Eigenmittelanforderungen miteinbeziehen – von CVA-Absicherungsgeschäften und Faktoren des Marktpreisrisikoexposure über die Ausfallwahrscheinlichkeit des Kontrahenten bis hin zu seiner Besicherung. Ferner strebt die CRR III die Konsistenz zwischen den überarbeiteten CVA-Ansätzen und den überarbeiteten Handelsbuchvorschriften (dem Fundamental Review of Trading Book) sowie eine größere Widerstandsfähigkeit und Vergleichbarkeit der Berechnungsmethoden für die Kapitalunterlegung des CVA-Risikos an.
Was bedeutet das für die Banken? Voraussichtlich wird der Basisansatz insbesondere für nicht besicherte Portfolien die Höhe der Eigenmittelanforderung für das CVA-Risiko in die Höhe treiben. Eine andere Entwicklung zeichnet sich für besicherte Portfolien anhand der Standardmethode ab: Aufgrund der stärkeren Berücksichtigung von Risikosensitivitäten sollten die Eigenmittelanforderungen des CVA-Risikos hier erwartungsgemäß sinken.
Hilfreiche Links:
Entwurf der CRR III (Änderung der Verordnung (EU) 575/2013 (CRR))
Entwurf der CRD VI (Änderung der Richtlinie 2013/36/EU (CRD))
Lesen Sie dazu auch Teil 1 unserer WP-Blog-Serie zu den neuen aufsichtsrechtlichen Vorgaben im Bankensektor: Was hat sich bei der Berechnung der Eigenmittelanforderungen für das operationelle Risiko der Banken geändert? In Teil 2 unserer WP-Blog-Serie gehen wir auf die Änderungen im Kreditrisiko-Standardansatz ein. Teil 3 beleuchtet die Änderungen für den Internal Ratings-Based Approach, der auf internen Einstufungen basiert. Teil 4 der Serie beschäftigt sich mit dem neuen Output-Floor.
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