Behörden setzen im Kampf gegen Geldwäsche verstärkt auf Prüfer*innen

Reform & Debatte
30. Juli 2024

Korruption, Raub, Waffen- und Drogenhandel – Geld aus illegalen Geschäften wird später oft gewaschen und in den legalen Wirtschaftskreislauf überführt. Um diese Praktiken zu unterbinden, setzen Regulierer und Behörden auch auf Wirtschaftsprüfer*innen. Sie sind zur Abgabe von Verdachtsmeldungen verpflichtet – und müssen sich dazu registrieren.

Spätestens seit Januar dieses Jahres müssen sich die Prüfer*innen auf dem Portal goAML (AML: Anti-Money Laundering) registrieren – unabhängig davon, ob sie gerade eine Verdachtsmeldung abgeben wollen oder nicht. Die Financial Intelligence Unit (FIU), die der Generalzolldirektion zugeordnet ist und das Portal betreibt, will mit dieser Vorab-Registrierung die Hemmschwelle für die Abgabe von Verdachtsmeldungen senken. Aktuell könnte die Maßnahme allerdings zu einem Zeitverzug bei entsprechenden Meldungen führen – und damit sogar Geldwäscheermittlungen ausbremsen. Der Grund: Durch die Registrierungspflicht wird das Portal seit Anfang des Jahres stark frequentiert. Die Betreiber benötigen so mitunter mehrere Monate, um einen Registrierungsantrag zu bearbeiten.

Dass der Gesetzgeber Wirtschaftsprüfer*innen zu einer solchen Registrierung verpflichtet, zeigt gleichwohl den hohen Stellenwert an, den Behörden und Gesetzgeber den Prüfer*innen bei der Aufklärung und Ahndung entsprechender Straftaten und somit dem Schutz der Integrität der Wirtschaft zusprechen. Festgelegt sind die entsprechenden Verpflichtungen der Wirtschaftsprüfer*innen im Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten, kurz: „Geldwäschegesetz“ oder „GwG“. § 2 des Gesetzes bestimmt die sogenannten „Verpflichteten“, diejenigen Gruppen also, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit kooperieren müssen. Abs. 1 Nr. 12 des Gesetzes definiert auch Wirtschaftsprüfer*innen als Verpflichtete im Sinne des Gesetzes.

Warum sind Wirtschaftsprüfer*innen Verpflichtete nach GwG?

Dass Wirtschaftsprüfer*innen bei der Bekämpfung von Geldwäsche eine so zentrale Rolle spielen, hat seinen Grund im privilegierten Zugang der Prüfer*innen zu Unternehmensinformationen. So werden sie im Rahmen der Jahresabschlussprüfung immer wieder mit geldwäscherelevanten Informationen der Mandant*innen konfrontiert. Wirtschaftsprüfer*innen erhalten darüber hinaus Einblick in Transaktionsdaten, die mehr oder weniger stark darauf hindeuten, ob ein Unternehmen Finanzmittel und andere Vermögenswerte missbräuchlich verwendet, um Geldwäsche zu betreiben. Wirtschaftsprüfer*innen müssen sich im Rahmen ihres Prüfungsauftrags mit entsprechenden Informationen auseinandersetzen. Denn durch das Testat bescheinigen sie ihren Mandant*innen nicht zuletzt die Einhaltung relevanter Rechtsvorschriften. Dass sie verpflichtet sind, sich an der Bekämpfung der Geldwäsche zu beteiligen, stärkt das hohe Vertrauen in die Objektivität der Arbeit der Prüfer*innen und somit in das Testat.

Im Finanzsektor kommt Wirtschaftsprüfer*innen in Deutschland neben den erwähnten Aufgaben eine zusätzliche Funktion zu: Sie überprüfen Unternehmen, die in diesem Umfeld tätig sind, ob diese ihre geldwäscherechtlichen Verpflichtungen einhalten. Auf diese Weise dienen Wirtschaftsprüfer*innen diesbezüglich als weitere Kontrollinstanz neben der Aufsichtsbehörde. Sie steigern so die Effizienz der Geldwäscheaufsicht im deutschen Finanzsektor.

Unter dem Strich sind Wirtschaftsprüfer*innen somit ein wichtiger Baustein zur Bekämpfung der Geldwäsche. Aufgrund ihres privilegierten Einblicks in die Unternehmensdaten erhalten sie weitreichende Erkenntnisse, die im Kampf gegen entsprechende Missstände äußerst hilfreich sein können. Dabei überschreiten ihre Meldeverpflichtungen nicht das Maß, das andere Verpflichtete leisten müssen.

Was müssen Wirtschaftsprüfer*innen melden?

Wirtschaftsprüfer*innen müssen zum einen Unstimmigkeiten in Bezug auf Transparenzregistereintragungen und zum anderen den Verdacht auf schwere Straftaten melden – insbesondere hinsichtlich der Geldwäsche. Anders als Anwält*innen, die unter Verweis auf ihre rechtsberatende Tätigkeit einen Verzicht auf die Meldung ihres*ihrer Mandant*in rechtfertigen können, besteht für Wirtschaftsprüfer*innen eine grundsätzliche Meldepflicht.

Unstimmigkeitsmeldungen regen im Grunde nur ein Verwaltungsverfahren zur möglichen Korrektur des Transparenzregisters an. Auch wenn dieses in der Regel keine weitreichenden Folgen hat, kann es doch mit einem Bußgeld und der namentlichen Nennung auf der Website des Bundesverwaltungsamtes einhergehen. Sinn und Zweck des Transparenzregisters ist es, die natürlichen Personen zu benennen, die hinter oftmals schwer zu durchschauenden juristischen Unternehmensstrukturen stecken. Das ist wichtig mit Blick auf das Thema Geldwäsche, denn es sind immer natürliche Personen, die die Kontrolle über Unternehmen und Vermögenswerte haben und diese missbräuchlich einsetzen könnten.

Die Verdachtsmeldung kann im Vergleich folgenschwerer sein, da sie ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren anstoßen kann. Als Verpflichtete müssen Wirtschaftsprüfer*innen Verdachtsmeldungen abgeben, wenn ihnen Sachverhalte bekannt werden, die auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung hindeuten. Die Meldung muss über das Meldeportal „goAML Web“ der FIU erfolgen.

Wie sinnvoll ist die Meldepflicht für Wirtschaftsprüfer*innen?

Deutschland wird aus der Perspektive internationaler Organisationen und nicht zuletzt von den kriminellen Akteur*innen selbst nach wie vor als Geldwäscheparadies wahrgenommen. Auch die Erkenntnisse aus den Ermittlungen und Analysen von Expert*innen etwa der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) scheinen zu belegen, dass in Deutschland überproportional viel Geld „legalisiert“ wird. Den Schaden für Wirtschaft und Gesellschaft gilt es zu verkleinern.

Insbesondere die Verdachtsmeldungen sind ein wichtiges Element zur Bekämpfung der Geldwäsche. Erst durch die Weitergabe entsprechender Informationen werden relevante Ermittlungsverfahren angestoßen. Es ist das Selbstverständnis der Wirtschaftsprüfer*innen und die besondere Rolle, die ihnen im Wirtschaftsleben zukommt, die sie für die Aufgabe als Verpflichtete schon fast prädestiniert. So sind Wirtschaftsprüfer*innen nicht allein ihren Mandant*innen gegenüber verpflichtet, sondern gewährleisten durch ihre Arbeit die Verlässlichkeit und Sicherheit der Finanzinformationen von Unternehmen, auf die sich zahlreiche Stakeholder verlassen.

Wie häufig kommen Meldungen in der Praxis vor?

Die veröffentlichte Anzahl der abgesetzten Verdachtsmeldungen bleibt aktuell noch hinter den Erwartungen zurück, die sich durch die privilegierten Einblicke der Wirtschaftsprüfer*innen in die Unternehmen ergeben könnten. So gingen 2022 laut FIU-Jahresbericht nur 13 Verdachtsmeldungen auf Wirtschaftsprüfer*innen zurück, im Vorjahr waren es noch 23. Die Entwicklung ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass die Verdachtsmeldungen zahlreicher anderer Gruppen im gleichen Zeitraum zugenommen haben. Verbände, Berufskammern und Organisationen bemühen sich daher, die Awareness für das Thema bei ihren Mitgliedern zu stärken und so die Abgabe entsprechender Meldungen zu steigern.

Es geht aber nicht nur um die Quantität, auch die Qualität der Meldungen scheint nicht immer auf einem ausreichenden Niveau zu sein. Vor allem mangelnde Konsistenz sei diesbezüglich ein großes Problem, beklagt die FIU immer wieder. Auf der anderen Seite kann es Monate dauern, bis die FIU überhaupt auf die eingebrachten Hinweise reagiert. Dieser zeitliche Verzug stärkt nicht gerade die Bedeutung und den Stellenwert, welche die Verdachtsmeldungen bei Wirtschaftsprüfer*innen eigentlich haben sollten.

Welchen Reformbedarf gibt es und welche Änderungen zeichnen sich ab?

Trotz kontinuierlicher Anpassungen besteht Optimierungsbedarf, um die Effektivität, aber auch um die Effizienz des Meldesystems zu verbessern. Die nationalen und  europäischen Gesetzgeber haben einige der Defizite auch bereits erkannt, sodass mit entsprechenden Anpassungen zu rechnen ist.

Wie gezeigt, bleiben die Registrierungen bei goAML aktuell hinter den Erwartungen zurück. Ein Grund für das unzureichende Commitment könnte darin liegen, dass unterbliebene Registrierungen derzeit nicht bußgeldbewehrt sind. Nach dem Referentenentwurf zum Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz wird sich das voraussichtlich bald ändern.

Zahlreiche Anwender*innen klagen immer wieder über die Unübersichtlichkeit der Dateneingabe bei der goAML-Eingabemaske. Die Komplexität des Meldeprozesses könnte daher ein weiterer Grund für unterlassene Abgaben, aber auch für die oftmals schlechte Qualität der Meldungen sein. Die FIU sollte die Software daher überarbeiten und ein einfacheres intuitives Dialogfeld oder einen Meldeassistenten implementieren.

Voraussichtlich wird der Gesetzgeber der geldwäscherechtlichen Compliance in den Unternehmen einen höheren Stellenwert verschaffen. Analog zu den Finanzinstituten werden Wirtschaftsprüfer*innen im Rahmen des Audits dann auch in den nach GwG verpflichteten Unternehmen prüfen, ob solide Prozesse zur Verhinderung von Geldwäsche implementiert sind. Auf diese Weise wird die Unterstützung der Aufsichtsbehörden durch die Wirtschaftsprüfer*innen zukünftig auch jenseits des Finanzsektors spürbar sein.

Durch die EU-Geldwäscheverordnung wird voraussichtlich auch der Know-Your-Customer (KYC) Prozess neu geregelt werden. Hierunter versteht man den Vorgang der Identitätsüberprüfung neuer Kund*innen. Er gilt als zentraler Baustein bei der Bekämpfung und Verhinderung von Geldwäsche. Geht es nach der EU, wird der KYC-Prozess künftig umfassender und deutlich detaillierter geregelt. Perspektivisch soll zudem der Umfang abzufragender Daten zu Kund*innen und Mandant*innen erweitert werden. Darüber hinaus wird darüber diskutiert, regelmäßige und verpflichtende Abfragen über die Herkunft der Mittel einzuführen. Die entsprechenden Abfragen sollen nur dann ausgesetzt werden können, wenn das Risiko als sehr gering eingestuft wird. In diesem Zusammenhang wäre es wichtig, endlich auch ein einheitliches europäisches Transparenzregister zu schaffen. Dieses würde den KYC-Prozess in Bezug auf Mandant*innen und Kund*innen aus dem europäischen Ausland deutlich vereinfachen.

Die EU-Geldwäscheverordnung wird voraussichtlich auch die Definition der wirtschaftlich Berechtigten und den Kreis der Verpflichteten ändern. Insbesondere wird diskutiert, die Schwellenwerte abzusenken, die Einzelne als wirtschaftlich Berechtigte im Sinne von § 3 Abs. 2 GwG definieren.

Mit dem Inkrafttreten der EU-Geldwäscheverordnung wird derzeit nicht vor 2027 gerechnet. Wenn sie beschlossen ist, wird es an dieser Stelle einen weiteren Blog-Beitrag zu diesem Thema geben.

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