Audit von NGOs: Prüfen für die gute Sache

Werte & Vision
8. Oktober 2024

Sie sind nicht vom Profit getrieben, sondern haben sich dem guten Zweck verschrieben. Das Image ist ihnen wichtig, Themen wie Rechnungslegung und Steuern genießen bei ihnen gleichwohl nicht immer die oberste Priorität. Die Rede ist von NGOs, Non-Governmental Organisations. Wir zeigen, auf was es beim Audit von Nichtregierungsorganisationen ankommt.

Was ist das Besondere an der Mandantengruppe der NGOs?

Reinhard Berndt: Diese oftmals grenzüberschreitend tätigen Organisationen engagieren sich vor allem für soziale Themen, Menschenrechte oder die Umwelt. Im Unterschied zu Wirtschaftsunternehmen agieren sie damit nicht profitgetrieben, sondern sachzielorientiert.

Wie wirkt sich diese Orientierung im konkreten Arbeitsalltag aus?

Die Mitarbeiter*innen, denen man bei NGOs begegnet, sind oftmals stark intrinsisch motiviert. Es stehen also die Inhalte der NGO im Vordergrund. Themen wie Rechnungslegung, Steuern oder auch Strukturen werden dagegen manchmal etwas vernachlässigt. Die spezielle Atmosphäre bei NGOs hat aber auch seine guten Seiten. So begegnen die Mitarbeiter*innen einem als Berater*in oder Wirtschaftsprüfer*in häufig mit einer gewissen Dankbarkeit – wir werden als Unterstützer der Sache wahrgenommen.

Also mehr Herzlichkeit auf der einen, aber dafür weniger Professionalität auf der anderen Seite?

Das mit der Herzlichkeit würde ich so unterschreiben. Was die Professionalität anbelangt, treffen wir hier aber das gesamte Spektrum an. So haben gerade größere Organisationen in den vergangenen Jahren deutlich an Kompetenz gewonnen. Bei kleineren Organisationen fehlt es oft an Expertise in der Rechnungslegung und bei steuerlichen Themen. Bei den organisatorischen Abläufen sind die meisten NGOs allerdings zumindest sehr bemüht, größere NGOs sind zum Teil auch hier recht professionell aufgestellt.

Welche Besonderheiten ergeben sich bei NGOs in prüferischer Hinsicht?

Eine wesentliche Rolle spielt das Gemeinnützigkeitsrecht, gerade bei grenzüberschreitenden Aktivitäten der NGOs. Von den Wirtschaftsprüfer*innen wird erwartet, dass sie dieses immer mitdenken. Daher sind interdisziplinäre Prüfungsteams mit gemeinnütziger Expertise wichtig. Hinzu kommen häufig rechtsformspezifische Themen. NGOs sind in ihrer Mehrzahl als Vereine organisiert, danach kommen Stiftungen und gemeinnützige GmbHs. Alle Rechtsformen bringen ihre eigenen Vorgaben für den Jahresabschluss mit. Die Prüfer*innen müssen zudem Aspekte aus dem Sozialrecht oder andere branchenspezifische Regelwerke beachten.

Auf welche Sonderregeln muss man etwa bei Vereinen und Stiftungen besonders achten? Welche Bestimmungen müssen NGOs beispielsweise beim Umgang mit Spendengeld berücksichtigen? Oder auch bei der Entlohnung von Ehrenamtlichen?

Das Institut der Wirtschaftsprüfer hat spezielle Standards zur Rechnungslegung von Stiftungen, Vereinen und Spenden sammelnden Organisationen herausgebracht. Hier finden sich auch besondere Regelungen zum Eigenkapital von Stiftungen oder zur Verbuchung von Spendeneinnahmen. Das Thema der Entlohnung von Ehrenamtlichen ist in der Tat sehr wichtig. So akzeptiert der Gesetzgeber steuerlich nur angemessene Verwaltungskosten – und somit eine entsprechend angemessene Entlohnung. Bei spendensammelnden Organisationen ist es wichtig, dass das Zahlenwerk korrekt ist – ansonsten droht ein Reputationsverlust der Organisation.

Wann sind Verwaltungskosten und Entlohnung für Ehrenamtliche denn noch angemessen und wann sind sie es nicht mehr?

Verwaltungskosten, wozu auch das Marketing gehört, müssen angemessen, also nicht zu hoch, sein. Hierbei gilt der Fremdvergleich: Die einzelnen Kosten dürfen nicht deutlich über denen vergleichbarer Unternehmen liegen, die aber nicht zwingend aus der NGO-Branche kommen müssen. Sinnvoll ist es für die NGOs insofern immer, mehrere Angebote einzuholen, wenn sie beispielsweise Wirtschaftsprüfer*innen oder Steuerberater*innen beauftragen wollen. Gerade im Stiftungsbereich wird der Auftrag zur Jahresabschlussprüfung häufig um die Prüfung der satzungsgemäßen Mittelverwendung ergänzt, wozu auch die Überprüfung der Angemessenheit der Verwaltungskosten gehört.

Auf welche Methoden kommt es an, wenn man einen Ihrer Mandanten prüft?

Das ist in der Regel von der Größe und Komplexität der jeweiligen Organisation abhängig. Beispielsweise verfügen kleinere Mandanten oft über ein mangelhaftes internes Kontrollsystem – das muss dann prüferisch berücksichtigt werden.

Branchen-Know-how für Prüfer*innen unabdingbar

Wo lauern die größten Stolperfallen für Prüfer*innen beim Audit von NGOs?

Wie bei jeder Prüfung sollten sich die Prüfer*innen vorab mit der Branche befassen. Schwierig wird es, wenn die Prüfer*innen glauben, dass es im Grunde das gleiche sei, ob man ein produzierendes Unternehmen oder eine Spenden sammelnde Organisation auditiert. Prüfer*innen werden ihrer Verantwortung nur gerecht, wenn sie die Unterschiede und somit die rechtlichen sowie branchenspezifischen Rahmenbedingungen kennen und bei ihrer Arbeit berücksichtigen.   

Welche Haftungsrisiken sind bei Ihrer Mandantengruppe zu beachten? Und wie sind diesbezüglich die Rücklagen zu bewerten? Wenn Greenpeace beispielsweise eine Bohrinsel besetzt, muss es ja Rücklagen für einen anschließenden Rechtsstreit geben …

Ein heikles Thema. So hat beispielsweise die Organisation Attac den Status der Gemeinnützigkeit wegen zu ausgeprägter politischer Betätigung verloren. Was das Thema Rücklagen betrifft, so sind diese für NGOs generell von hoher Bedeutung. Ich plädiere daher stets dafür, hier den gesetzlichen Rahmen voll auszuschöpfen. Allerdings sollen die Regelungen zur steuerlichen Rücklagenbildung mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz aktuell abgeschafft werden.

Aus welchem Grund geht der Deutsche Bundestag diesen Schritt? Und was bedeutet er für die NGOs?

Die Streichung der Regelungen zur steuerlichen Rücklagenbildung ist eine Folgewirkung der geplanten Abschaffung des Postulats der zeitnahen Mittelverwendung. Der Schritt erscheint allerdings nicht zu Ende gedacht. So wird die Finanzverwaltung hier aus meiner Sicht sehr wohl weiterhin Regeln sehen wollen und diese dann gegebenenfalls selbst festlegen. Auch stiftungs- oder vereinsrechtlich müssten dann Regeln festgelegt werden.

Sie sprechen die Streichung des Postulats der zeitnahen Mittelverwendung für NGOs an – was hat es damit auf sich?

NGOs müssen ihre Mittel nach dieser Regel grundsätzlich innerhalb von zwei Jahren ausgeben. Als Ziel der Streichung wird die Entbürokratisierung genannt – und das ist zunächst auch lobenswert. So müssen die NGOs keine Mittelverwendungsrechnung mehr erstellen, die allerdings vorher auch nicht verpflichtend war. Für NGOs, die ihre Mittel regelmäßig zeitnah ausgeben, ergeben sich keine Änderungen. Für die übrigen wird es vordergründig einfacher, aber, wie gesagt, man muss schauen, welche Regelungen sich zukünftig beispielsweise für die angesprochenen Rücklagen ergeben.

Seit einem Jahr gilt jetzt das neue Stiftungsrecht. Haben sich die Erwartungen daran erfüllt? Wie fällt Ihr Resümee dazu aus?

Das neue Recht hat die Regelungen für Stiftungen bundesweit vereinheitlicht, was auf jeden Fall zu begrüßen ist. Auch die detaillierteren Regeln finde ich sinnvoll, so reduziert sich der Auslegungsbereich für die Stiftungsaufsicht. Im Detail gibt es gleichwohl durchaus berechtigte Kritik. Das Gesetz soll nach zwei Jahren aber ohnehin evaluiert werden, dann wird man hierüber sprechen.

Herr Berndt, vielen Dank für das Gespräch.

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