
Banken: Bessere Stabilität durch unabhängige Beobachter*innen
Banken müssen sich schon heute auf die Krisen von morgen vorbereiten. Insbesondere eine stetig optimierte Abwicklungsfähigkeit soll Staatshilfen beim nächsten Crash vermeiden. Um ihre Ziele zu erreichen, setzen die Institute auf unabhängige Beobachter*innen. Vor allem Wirtschaftsprüfer*innen eignen sich für die Rolle der „Independent Observers“.
Banken spielen für die Stabilität des Finanzsystems eine zentrale Rolle. Sie gelten daher oftmals als „too big to fail“, wenn sie in eine Krise geraten. Das hat nicht zuletzt die Finanzkrise von 2007/2008 gezeigt, als Banken mit öffentlichen Mitteln gerettet werden mussten. Die Staaten wollten damit verhindern, dass aus der Bankenkrise eine Krise der Realwirtschaft wird. Doch sollen solche „Bail-outs“ möglichst der Vergangenheit angehören. Als Lehre aus der Finanzkrise müssen europäische Banken daher heute ihre Abwicklungsfähigkeit verbessern. Das Ziel ist, im Fall der Fälle ihre kritischen Funktionen aufrechtzuerhalten und diese der Realwirtschaft weiterhin zur Verfügung stellen zu können.
Resolvability Self-Assessment: Abwicklungsfähigkeiten im Selbsttest
Dass die Institute zu einer geordneten Abwicklung in der Lage sind, müssen sie regelmäßig unter Beweis stellen. Ein Instrument hierzu: Das sogenannte Resolvability Self-Assessment (RSA), ein Prüfverfahren also, mit dem Banken ihre Abwicklungsfähigkeit im Selbsttest demonstrieren können. Das RSA hilft Banken dabei, Probleme im Abwicklungsprozess zu identifizieren und in der Folge Lösungen zu entwickeln, um diese Probleme abzustellen. Die Banken müssen das RSA jährlich wiederholen – nur so verbessern sich kontinuierlich auch ihre Abwicklungsfähigkeiten. Der Mechanismus stärkt die Banken, wenn es zum tatsächlichen Krisenfall kommt und reduziert somit auch die damit verbundenen systemischen Risiken.
Auch wenn das Selbstbewertungsverfahren ein auf Eigenkontrolle basierendes System zu implizieren scheint – die Institute sind verpflichtet, den Aufsichtsbehörden Berichte über die Ergebnisse ihrer RSAs vorzulegen. Valide Resultate sind daher nicht nur für den Krisenfall von hoher Bedeutung.
Der Blick von außen: Interne Revision oder externe dritte Partei?
Ein Faktor spielt eine zentrale Rolle für ein erfolgreiches, aussagekräftiges Resolvability Self-Assessment: eine möglichst objektive Bewertung der erzielten Prüfungsresultate und der daraus abgeleiteten Konsequenzen. Helfen kann hierbei der Blick einer nicht in die Implementierung involvierten Partei. Die Rolle eines solchen Independent Observers kann sowohl die interne Revision der Bank als auch ein*e externe*r Dritte*r mit einschlägiger RSA-Erfahrung übernehmen. Zwar bieten beide Optionen Vor- und Nachteile, doch dürfte ein*e externe*r Expert*in letztlich die beste Lösung sein, um zu validen Ergebnissen zu kommen.
So ist die interne Revision zwar mit den Prozessen der Bank vertraut und profitiert mitunter von ihrer Nähe zu den operativen Strukturen. Doch aus dieser Nähe resultiert oftmals auch eine gewisse Betriebsblindheit – keine gute Voraussetzung für einen Prozess, der auf Objektivität ausgerichtet ist. Zudem ist die interne Revision trotz der professionellen Distanz, die sie in der Regel auszeichnet, eine institutseigene Abteilung und damit kein vollständig unabhängiger Player. Selbst wenn intern kein Zweifel an ihrer Eigenständigkeit und ihrer Fähigkeit zur kritischen Bewertung besteht, werden die Aufsichtsbehörden sie vielfach dennoch nicht als unabhängige Instanz einordnen.
Ein externer Independent Observer muss sich zunächst mit den Prozessen und Strukturen der Bank vertraut machen, braucht also für gewöhnlich eine gewisse Zeit des Onboardings. Dafür bringt er ein Höchstmaß an Neutralität und Objektivität ins Prüfverfahren ein. Der Aspekt ist nicht unerheblich, da die Banken den Aufsichtsbehörden am Ende des Tages glaubwürdige Ergebnisse präsentieren müssen. Die Glaubwürdigkeit steigt aus der Sicht der Behörden, wenn sie von einem Independent Observer verbürgt wird.
Der Validierungsprozess kann außerdem stark von der Benchmarking-Perspektive profitieren, die ein erfahrener Independent Observer mit einbringt. So werden die Stärken und Schwächen des eigenen Vorgehens oft erst im Vergleich mit anderen Assessments deutlich. Auch das Verfahren selbst kann durch einen Independent Observer an Effizienz gewinnen, etwa durch den Einsatz von Best Practices oder anderen bewährten Methoden. Vor allem bei komplexen Problemstellungen zahlt es sich aus, auf die Expertise eines Independent Observers zurückzugreifen – dann beispielsweise, wenn das RSA auch internationale Aspekte berührt.
Independent Observer: Aufgaben und Qualifikation
Im Rahmen der Validierung überprüft der Independent Observer, ob die Bank die regulatorischen Anforderungen angemessen und umfassend berücksichtigt hat. Die Institute müssen auch in der Krise wichtige Funktionen für die Realwirtschaft aufrechterhalten. Der Independent Observer evaluiert die Instrumente, die die Bank für diesen Zweck vorgesehen hat. Er bewertet zudem die Wirksamkeit der Maßnahmen, mit denen das Institut identifizierte Schwachstellen im Abwicklungsverfahren adressiert. Außerdem stellt er sicher, dass die Banken kritische Aspekte des Assessments in ihrer Berichterstattung nicht unberücksichtigt lassen und dass die Bewertung alle relevanten Aspekte und Interdependenzen umfänglich einbezieht.
Independent Observer ist keine geschützte Berufsbezeichnung – und doch eignen sich nur wenige Berufsgruppen dazu, die verantwortungsvolle Rolle des*der unabhängigen Beobachter*in zu übernehmen. Die beste Expertise für den Job dürften Wirtschaftsprüfer*innen mitbringen. Sie wissen aufgrund ihrer bisherigen prüferischen Praxis, was es heißt, Sachverhalte auf die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben zu prüfen – und sie bringen auch das nötige methodische Know-how dafür mit. Durch ihr Berufsethos sind sie zudem exakt den Werten verpflichtet, die auch einen guten Independent Observer auszeichnen sollten: Unabhängigkeit, Objektivität und Verlässlichkeit. Schließlich sind sie mit der durchaus anspruchsvollen Rolle des*der externen prüfenden Dritten vertraut.
Aufgrund zentraler Schnittstellen zwischen Wirtschaftsprüfung und dem Resolvability Self-Assessment dürften viele Abschlussprüfer*innen gut mit der Arbeitsweise eines Independent Observer vertraut sein. So erfordert das RSA eine Bewertung kritischer Prozesse, wie sie beispielsweise die Kapital- und Liquiditätsplanung darstellt. Aber auch die Funktionalität und Resilienz zentraler Systeme, etwa der IT-Infrastruktur, werden im Rahmen des RSA validiert. Die als Independent Observer ausgeführte Rolle ermöglicht es Wirtschaftsprüfer*innen nicht zuletzt, eine gänzlich neue Perspektive auf den Finanzsektor einzunehmen und damit die Qualität der regulären Audits noch einmal deutlich zu verbessern.
Fazit: Mehrwert durch unabhängige Beobachter*innen
Das Resolvability Self-Assessment ist für Banken ein essenzielles Werkzeug, um ihre Abwicklungsfähigkeit zu bewerten und gegenüber Aufsichtsbehörden zu dokumentieren. Die Einbindung eines Independent Observers bietet dabei nicht nur eine notwendige objektive Validierung der Testergebnisse. Sie stärkt auch die Glaubwürdigkeit in der Kommunikation mit der Aufsicht. Aufgrund der wichtigen Rolle, die den unabhängigen Beobachter*innen zufällt, ist es wichtig, nur geschulte und ausgewiesene Expert*innen damit zu beauftragen. Wirtschaftsprüfer*innen dürften hierbei aufgrund ihrer methodischen und regulatorischen Kenntnisse, aber auch aufgrund der Werte ihres Berufsstands die beste Wahl sein.
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