Eine Frage der Persönlichkeit: 5 Soft Skills für Prüfer*innen
Faktenwissen ist nicht alles. Um erfolgreich zu sein, müssen Wirtschaftsprüfer*innen auch die nötigen sozialen Kompetenzen mitbringen. Nur durch sie können sie das enorme Arbeitspensum und die zahlreichen Herausforderungen meistern, die der Job mit sich bringt. Wir stellen die fünf wichtigsten Soft Skills vor.
1. Integrität
Objektivität und Unabhängigkeit dürften in zahlreichen Tätigkeitsfeldern einen hohen Stellenwert genießen. Bei Wirtschaftsprüfer*innen sind sie unabdingbare Voraussetzungen, um den Beruf auszuüben. Denn ohne Integrität hat das Produkt, das sie herstellen – das Testat – keinen Wert. Die Stakeholder eines Unternehmens, seien es Aktionär*innen, Kund*innen oder auch die Mitarbeiter*innen – sie alle verlassen sich darauf, dass das Testat Ergebnis einer unabhängigen, objektiven Prüfung ist.
So selbstverständlich sich das anhören mag – es ist nicht immer leicht, die Integrität zu wahren. Denn auch Wirtschaftsprüfer*innen brauchen Aufträge und stehen mit ihren Mandanten in einem Dienstleistungsverhältnis. Oft arbeiten sie über Jahre hinweg mit ihnen zusammen – dass hierbei eine gewisse Nähe entsteht, lässt sich kaum verhindern. Doch gerade in einer durch Vertrautheit geprägten Arbeitsatmosphäre können Einflussnahmen vorkommen. Der innere moralische Kompass leitet Wirtschaftsprüfer*innen sicher durch unruhige Gewässer.
2. Neugier und Lernbereitschaft
Es gibt kaum einen Beruf, der schon in der Ausbildung und dann ein Arbeitsleben lang so viele inhaltliche Anforderungen stellt: (inter-)nationale Rechnungslegung, verschiedene Prüfungsstandards und -methoden, juristische Herausforderungen, Steuerthemen, zuletzt die Fragen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. In all diesen Bereichen müssen sich Wirtschaftsprüfer*innen auskennen. Ausgelernt haben sie dabei nie, dafür sorgen die stetigen Anpassungen der Regularien auf nationaler, aber auch auf EU-Ebene.
Aktuell sind es Digitalisierung und künstliche Intelligenz, die die Branche durcheinanderwirbeln und dabei natürlich auch viele neue Möglichkeiten schaffen. Doch um diese zu nutzen, müssen die Prüfer*innen sich zunächst mit den Technologien vertraut machen. Anderes darf dabei nicht zu kurz kommen, beispielsweise die wichtige Rolle, die Abschlussprüfer*innen als Führungskräfte ihrer Teams haben. Auch hier müssen sie sich übrigens fortbilden, etwa im Bereich der Mitarbeiterentwicklung oder beim Projektmanagement. Die Beispiele zeigen: Die Lust auf Neues, verbunden mit der Bereitschaft, dieses Neue auch zu erlernen, gehört zum Prüferleben daher dazu. Nur eines scheint gewiss: Stillstand wird es in diesem Beruf wohl niemals geben.
3. Strukturiertes Arbeiten
In der Regel betreut ein*e Wirtschaftsprüfer*in mehrere Mandate gleichzeitig. Das macht es unabdingbar, dass er*sie sich selbst organisiert und die eigene Arbeit gut strukturiert. Wichtig hierbei: immer den Überblick behalten und die verschiedenen Mandate in eine gute Balance miteinander bringen. Viele Mandate sind komplex; die meisten erfordern, dass wichtige Deadlines eingehalten werden. Gleichzeitig muss die Arbeitsstruktur auch Raum für Spontaneität lassen. Schickt der Mandant beispielsweise langerwartete Informationen, muss der*die Wirtschaftsprüfer*in oft sofort darauf reagieren. Doch egal, wie viele Bälle man gleichzeitig in der Luft hält: Aufgrund der berufsrechtlichen Anforderungen darf bei der Prüfung auf keinen Fall etwas Wesentliches vergessen werden. An alles denken – auch das gehört zum strukturierten Arbeiten eines*einer Wirtschaftsprüfer*in.
4. Resilienz
Wirtschaftsprüfer*innen sind hohem Druck ausgesetzt: Die Deadlines und andere Bedürfnisse der Mandanten, die Erwartung von Vorgesetzten, aber auch der eigenen Mitarbeiter*innen, selbstgesteckte Ziele – allein diese Themen können zu einer hohen Belastung führen. Hinzu kommen die hohen Qualitätsansprüche, die der Gesetzgeber stellt. Bei Verstößen gegen die Vorgaben drohen Haftungsfälle für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, im schlimmsten Fall können die Prüfer*innen sogar persönliche Sanktionen treffen. Es ist das Wissen um diese Risiken, das Druck aufbaut – und Resilienz nötig macht.
In der Busy Season – also in der heißen Phase der Jahresabschlussprüfungen – erreicht die Stresswelle ihren Höhepunkt. Vor allem dann, wenn Prüfer*innen Fehler in der Rechnungslegung finden. Dann ist es zwar erst einmal der Mandant, der unter Druck gerät, doch auch für die Prüfer*innen ist ein solches Szenario oft eine psychische Belastung. Mit dem Druck umgehen zu können, sich nicht davon zermürben zu lassen, ist daher einer der wichtigsten Soft Skills, über den Wirtschaftsprüfer*innen verfügen sollten.
5. Kommunikationsstärke
Eine Abschlussprüfung ist nichts für Einzelkämpfer*innen. Stattdessen trifft der*die Wirtschaftsprüfer*in Absprachen mit einer Vielzahl von Akteuren: mit Vorständ*innen, Aufsichtsrät*innen und anderen Mitarbeiter*innen des Mandanten, mit seinen*ihren Teammitgliedern, mit den eigenen Vorgesetzten und mit internen und externen Spezialist*innen. Hierbei muss der*die Prüfer*in hohes kommunikatives Geschick beweisen, muss er*sie in einer komplexen Gemengelage von Bedürfnissen doch die eigenen prüferischen Interessen durchsetzen.
Um das zu schaffen, muss er*sie komplexe Sachverhalte verständlich vermitteln. Dabei gilt es, sich auf Menschen mit verschiedenen Wissensständen einzustellen und für jede*n Einzelne*n eine klare, verständliche Sprache zu finden. Zu den kommunikativen Aufgaben von Wirtschaftsprüfer*innen gehört es zudem, auch schlechte Botschaften zu überbringen – etwa den Mandanten, wenn beim Audit Rechnungslegungsfehler gefunden wurden. Generell gilt: Wirtschaftsprüfung ist Teamwork und bedeutet Abstimmungen mit vielen Beteiligten – kommunikative Skills sind daher eine wichtige Voraussetzung für den Job.
Fazit: Talente sollten sich früh ausprobieren
Man wird nicht als Wirtschaftsprüfer*in geboren. Selbst unabdingbare Kompetenzen wie Integrität kann man sich in der Regel aneignen. Generell sollten sich Talente, die Interesse an dem Beruf haben, möglichst früh mit den fünf Soft Skills auseinandersetzen. Am besten, indem sie sich entsprechend ausprobieren. Sie sollten gezielt Situationen suchen, in denen ihnen durchaus einiges abverlangt wird. Zeigt sich, dass es ihnen Spaß macht, Verantwortung zu übernehmen, mit Druck umzugehen, Neues zu lernen und dabei im Team zu agieren – dann könnte eine Karriere als Wirtschaftsprüfer*in tatsächlich genau das Richtige für sie sein.
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