Transaktionsberatung: mehr als nur (Financial) Due Diligence?
Der M&A-Markt brummt, auch in Deutschland. Im Jahr 2021 sind Erwerbe, Veräußerungen, Fusionen und Übernahmen (gemeinsam als „Transaktionen“ bezeichnet) auf den Rekordwert von über 200 Milliarden Euro gestiegen. Dieser Trend dürfte sich 2022 und darüber hinaus fortsetzen, sagen Expert*innen voraus. Allein im deutschen Mittelstand werden in den nächsten fünf Jahren rund 500.000 Transaktionen erwartet, um die Unternehmensnachfolge zu regeln. Für Transaktionsberater*innen gibt es viel zu tun.
Welche Aufgaben fallen in der Transaktionsberatung an? Welche Rolle übernehmen dabei die Wirtschaftsprüfer*innen? Wo liegen die Schnittstellen zur Rechtsberatung, zur Steuerberatung und zum Financial Advisory?
Den Kauf oder Verkauf von Unternehmen oder einzelnen Unternehmensteilen zu begleiten, ist komplex und facettenreich. In Teil 1 der neuen M&A-Serie auf dem Wirtschaftsprüfungs-Blog geben Daniel Elkind, Hans-Jürgen Haß und Charlotte Kulenkampff einen Einblick in die Transaktionsberatung.
Was ist ein Transaktionsprozess?
Daniel Elkind: Für Wirtschaftsprüfer*innen geht es bei der Transaktionsberatung häufig darum, die sogenannte Financial Due Diligence durchzuführen, d. h. eine Prüfung mit dem Ziel, die Risiken der Transaktion zu minimieren. Aber eigentlich beginnt unsere Arbeit schon viel früher, nämlich mit der Idee einer Transaktion. Mein M&A Advisory Team begleitet den Transaktionsprozess ganzheitlich, also von der Idee bis zum Abschluss der Transaktion – und zwar gemeinsam mit einem Team aus Wirtschaftsprüfer*innen, Rechtsanwält*innen und Steuerberater*innen. Aus der Transaktionsidee leitet sich die Transaktionsstrategie ab, die die Ziele der beabsichtigten Transaktion festlegt. Im nächsten Schritt recherchieren wir entweder geeignete Zielunternehmen für den*die Käufer*in („Buy Side“) oder qualifizierte Investor*innen für den*die Verkäufer*in („Sell Side“). Natürlich erstellen wir auch Vermarktungsunterlagen, um die Transaktion unter den abgestimmten Zielgruppen mit der gebotenen Sensitivität strukturiert zu vermarkten.
Hans-Jürgen Haß: In einem Buy-Side-Transaktionsprozess erhalten wir vom Verkäufer aufbereitete Daten zum Zielunternehmen bei einem Share Deal oder, im Falle eines Asset Deals, zu den Vermögenswerten des Zielunternehmens. In der Regel werden diese in einem virtuellen Datenraum zur Verfügung gestellt. Für die Kaufinteressent*innen führen wir anschließend eine Due-Diligence-Prüfung durch, um die Chancen und Risiken der geplanten Transaktion zu prüfen. Das ist wichtig, um den Kaufinteressent*innen eine ausreichende Grundlage für die Entscheidungsfindung zu geben. Eine Due-Diligence-Prüfung hat typischerweise folgende Komponenten: die „Commercial Due Diligence“, in der die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells des Zielunternehmens geprüft wird, die „Financial Due Diligence“ zur Prüfung der finanziellen Situation und Entwicklung, die „Legal Due Diligence“ und die „Tax Due Diligence“, bei denen die rechtlichen und steuerlichen Risiken beurteilt werden, ergänzt um Nachhaltigkeitskriterien (Environment, Social & Governance). Abhängig vom Gegenstand der Transaktion kann auch eine „Technical Due Diligence“ erforderlich sein. Sie wird in der Regel durch den*die Käufer*in selbst oder durch eine*n hinzugezogene*n Gutachter*in durchgeführt und befasst sich mit den technischen Aspekten des Transaktionsobjekts. Immobilientransaktionen sind ein gutes Beispiel dafür.
Charlotte Kulenkampff: Kommt die Due-Diligence-Prüfung für den Kaufinteressenten zu einem für ihn zufriedenstellenden Ergebnis, beraten wir als Rechtsanwält*innen im Anschluss bei der Gestaltung und Verhandlung von Kaufverträgen sowie von sonstigen transaktionsbegleitenden Dokumenten. Wir begleiten die Mandant*innen beim Abschluss (“Signing”) und Vollzug (“Closing”) dieser Verträge. Anschließend beginnt die Post-Merger-Integration, in der wir mit unterschiedlichen Beratungsteams unsere Mandant*innen bei der Integration in bestehende Unternehmensprozesse und -abläufe unterstützen.
Welche Expertise ist für die Transaktionsberatung essenziell?
Daniel Elkind: Wir legen großen Wert auf interdisziplinäre Zusammenarbeit. Aufgrund der hohen Komplexität in Transaktionsprozessen und unterschiedlich gelagerter Themenschwerpunkte bei Unternehmensübernahmen oder dem Erwerb von Assets ist es zwingend erforderlich, Expert*innen verschiedener Bereiche bei der Transaktionsberatung einzubinden. Unterschiedliche Themenschwerpunkte ergeben sich im Wesentlichen im Kontext von M&A Advisory, Commercial, Financial, Legal und Tax Due Diligence und der rechtlichen Beratung bei der Gestaltung der Transaktionsdokumentation bis hin zur Bewertung.
Hans-Jürgen Haß: Es hilft sehr, wenn die verschiedenen Beteiligten, seien es Wirtschaftsprüfer*innen, Rechtsanwält*innen oder Steuerberater*innen, zusätzlich zur jeweiligen inhaltlichen Expertise auch eine Verzahnung auf Gesamtprojektebene leisten können. Das optimiert die Transaktionsberatung insofern, als wir die interne Abstimmung mit klarer Aufgabenzuweisung und gleichzeitig lückenloser Prüfung der Transaktionsrisiken sicherstellen. Daher setzen wir idealerweise Transaktionsberater*innen mit weitreichender Transaktionserfahrung ein, die bereits gemeinsam diverse Projekte auf nationaler und internationaler Ebene erfolgreich beraten haben.
Wen beraten wir typischerweise?
Charlotte Kulenkampff: Die Veräußerungs- und Erwerbsanlässe sind wirklich sehr verschieden. Auch im Umfang variieren die Transaktionen sehr. Daher gehören zu unseren Mandant*innen sowohl der internationale Großkonzern, der regelmäßig An- und Verkäufe von Gesellschaften, Beteiligungsunternehmen oder Unternehmensteilen durchführt, als auch mittelständische, kleinere bzw. familiengeführte Unternehmen, die über keine oder nur wenig Transaktionserfahrung verfügen und daher eine besonders intensive Beratung wünschen. Unsere Branchenschwerpunkte liegen in den Bereichen Handel, Technologie, Industrie, Gesundheitswesen, Immobilien sowie dem Finanz- und Versicherungssektor.
Was macht eine erfolgreiche Transaktionsberatung aus?
Daniel Elkind: Transaktionsberatung ist für uns dann erfolgreich, wenn wir das optimale Ergebnis aus Sicht unserer Mandant*innen erreicht haben.
Hans-Jürgen Haß: In den meisten Fällen bedeutet dies, dass wir unsere Mandant*innen dabei unterstützen, die Risiken in Transaktionsprozessen zu identifizieren und zu bewerten. Im Optimalfall ist eine erfolgreiche Transaktionsberatung die Begleitung des Transaktionsprozesses von der Transaktionsidee bis zum Vollzug des Kaufvertrages. In manchen Transaktionsprozessen kann erfolgreiche Transaktionsberatung aber auch bedeuten, dass unsere Mandant*innen von einer Transaktion Abstand nehmen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die durch uns im Rahmen der Due-Diligence-Prüfung identifizierten Risiken oder Unsicherheiten die Investitionsbereitschaft unserer Mandant*innen überschritten oder die Parteien keine Einigung über wesentliche Eckpunkte des Kaufvertrages gefunden haben.
Charlotte Kulenkampff: In jedem Fall definieren wir erfolgreiche Transaktionsberatung sowohl über eine einzelne Transaktion als auch über eine langjährige Zusammenarbeit mit unseren Mandant*innen und somit über zahlreiche gemeinsame Transaktionsvorhaben sowie andere Beratungsprojekte.
Fazit und Ausblick
Ist die Transaktionsberatung durch Wirtschaftsprüfer*innen mehr als nur eine (Financial) Due Diligence? Definitiv ja. Außerdem ist sie spannend, vielseitig und komplex. Daher widmen wir uns in den nächsten Folgen unserer M&A-Serie diesen Fragen: Worin unterscheidet sich eine Transaktion aus Sicht von Verkäufer*innen und Käufer*innen? Wie wird die Transaktionsstrategie erarbeitet? Wie läuft die Due Diligence ab? Welche Tools kommen dabei zum Einsatz? Worin bestehen die Herausforderungen bei Vertragsverhandlungen? Welche Softskills sind gefragt?
Für weitere Themen rund um die Wirtschaftsprüfung und Mazars folgen Sie uns auch auf LinkedIn, X und XING.
Kommentare