Wie Wandel bei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften funktioniert

Werte & Vision
10. Juni 2024

Digitale Transformationsprozesse stehen heute bei vielen Unternehmen auf der Tagesordnung. Sollen sie gelingen, müssen die von den Veränderungen betroffenen Mitarbeiter*innen frühzeitig in den Prozess eingebunden werden. Am Beispiel einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zeigt sich, dass ein „Change Impact Assessment“ hierbei hilfreich sein kann.

Der digitalen Transformation kommt in der Wirtschaftsprüfung aktuell eine hohe Bedeutung zu. Zwei Aspekte sind hierbei besonders wichtig: Erstens digitalisieren Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (WPG) ihre internen Arbeitsabläufe, um so ihre Effizienz und Qualität noch stärker zu verbessern. Zweitens geht es ihnen um die Schaffung digitaler Schnittstellen zu den Mandant*innen, die ihre Unterlagen vermehrt in digitaler Form zur Verfügung stellen. Wollen WPG bei der Digitalisierung erfolgreich sein, benötigen sie also Softwarelösungen, die auf die genannten Punkte einzahlen.

Genauso wichtig wie die Software selbst ist aber auch deren Akzeptanz bei Prüfer*innen und anderen Mitarbeiter*innen, die von ihrer Einführung betroffen sind. Das beste System ist nutzlos, wenn diejenigen, die damit arbeiten sollen, seinen Wert nicht erkennen und sich nicht auf die nötigen Veränderungsprozesse einlassen. Ein professionelles Change Management (CM) kann hier für das richtigen Mindset sorgen und damit wesentlich zum Projekterfolg beitragen. Das zeigt das Beispiel einer renommierten WPG, die Anfang 2023 eine neue Prüfungssoftware eingeführt hat. Hierbei hat das CM-Team auf eine besonders zielführende Methode gesetzt: Ein „Change Impact Assessment“ (CIA).

Was ist ein Change Impact Assessment?

Das CIA beschreibt eine Methode, mit der sich die Auswirkungen von Transformationsprozessen in einer Organisation ganzheitlich analysieren und verstehen lassen. Hierbei wird herausgearbeitet, wie sich geplante Veränderungen auf verschiedene Aspekte der Organisation auswirken können, insbesondere auf Strukturen, Prozesse, Werkzeuge und vor allem auf die Mitarbeiter*innen, die von der Transformation betroffen sind. Typischerweise umfasst das CIA folgende Punkte:

  • Identifikation von Veränderungen: Erfassen aller geplanten Veränderungen, sei es in Bezug auf Organisation, Prozesse, Technologien oder andere relevante Bereiche.
  • Analyse der Auswirkungen: Bewertung, wie jede identifizierte Veränderung sich auf verschiedene Aspekte der Organisation auswirken wird. Dies beinhaltet die Analyse von Effekten auf Mitarbeiter*innen, Geschäftsprozesse, Know-how, Unternehmenskultur sowie bestehende Systeme.
  • Bewertung von Risiken und Chancen: Identifikation potenzieller Risiken und Chancen, die mit den Veränderungen verbunden sind. Dies umfasst mögliche Widerstände seitens der Belegschaft, Probleme in der Umsetzung von neuen Prozessen aber auch positive Effekte auf Effizienz und Produktivität des Unternehmens.
  • Entwicklung von Mitigationsstrategien: Erarbeitung von Strategien, um negative Auswirkungen zu minimieren und Chancen zu maximieren. Dies kann Schulungen, Kommunikationspläne, organisatorische Anpassungen oder andere Maßnahmen beinhalten.
  • Kommunikation: Klare Kommunikation der erwarteten Veränderungen und ihrer Effekte auf die betroffenen Stakeholder.
  • Training: Erste Analyse, welche Stakeholder wie auf die erwarteten Veränderungen vorbereitet werden müssen. Eine passgenaue Analyse der Trainingsbedarfe der einzelnen Mitarbeitergruppen erfolgt dann mit dem Trainings Needs Assessment.

Fallbeispiel Wirtschaftsprüfungsgesellschaft: Mit CIA den Wandel wagen

Im konkreten Fall lud das CM-Projektteam frühzeitig Praktiker*innen verschiedener Bereiche der WPG zu einem Workshop ein, um die Auswirkungen der Softwareeinführung umfassend herauszuarbeiten. Damit dies gelingen konnte, mussten alle Beteiligten zunächst auf den gleichen Wissensstand über das Projekt gebracht werden. Besonders wichtig hierbei: Die Darstellung der Ziele, die mit der Einführung der neuen Software verbunden waren. Als „Leitplanken der Veränderung“ wurden demnach die Qualitätsoptimierung und die Vereinfachung des Prüfungsprozesses definiert. Erreicht werden sollten diese Ziele durch eine höhere Standardisierung der Abläufe zwischen den Prüfungsteams, durch die Einrichtung einer zentralen Steuerungsmöglichkeit und durch die Einführung verbesserter Tools, mit denen internationale Unternehmen besser geprüft werden können. Entsprechend waren es diese Bereiche, in denen die neue Software die Prüfer*innen unterstützen sollte.

Auf dieser Basis konnten die Workshop-Teilnehmer*innen im Anschluss gemeinsam Erfolgsparameter festlegen, um die Zielerreichung des Change-Prozesses zu validieren. Hierbei wurde beispielsweise die Anzahl der Anfragen bei den Supportteams als sinnvoller Indikator definiert: Je mehr Anfragen es geben würde, um so weiter wäre man noch von der gelebten Umsetzung der Transformation entfernt.  Schwerpunkt der Arbeit im Workshop war aber die detaillierte Erfassung der Veränderungsbetroffenheit der jeweiligen Stakeholder-Gruppen. Dies ermöglichte es, bereits zu einem frühen Zeitpunkt des Projekts erste Konzepte zu Projektstruktur, Kommunikation und Trainings zu überdenken und nachzuschärfen.

Mit Super Usern Rückhalt für die Transformation gewinnen

Im Rahmen des Change Impact Workshops wurde beispielsweise deutlich, dass die Einführung der neuen Prüfungssoftware zu stärkeren Veränderungen führen würde als ursprünglich angenommen. Eine wichtige Erkenntnis, denn so konnte das CM-Team frühzeitig reagieren, in dem es für jeden betroffenen Bereich einen oder mehrere „Super User“ benannt hat. Diese Super User dienten den Teams als erste Ansprechpartner*innen bei Problemen und meldeten diese auch an das übergeordnete CM-Team zurück. Da sie zudem eine gesonderte und intensivere Schulung bekamen, fungierten sie zudem als Trainer*innen bei der Anwendung der neuen Software.

Nach der erfolgreichen Umsetzung der Transformation fanden in der WPG verschiedene Projektnachbereitungen statt. Diese retrospektive Projektanalyse hilft dem CM-Team, die gemachten Erfahrungen zu reflektieren, Lehren daraus zu ziehen und Verbesserungsmöglichkeiten für zukünftige Projekte zu identifizieren. Auffällig bei den Gesprächen war die herausragende Rolle, welche die Teilnehmer*innen den Super Usern für den erfolgreichen Change-Prozess zusprachen. Hierbei sei es wichtig gewesen, den nominierten Super Usern diese Aufgabe nicht zusätzlich zu ihrer Kernarbeit aufzubürden. Stattdessen habe es sich ausgezahlt, sie bei ihrer Haupttätigkeit zu entlasten, damit sie ausreichend Zeit für die umfangreiche Super User-Tätigkeit zur Verfügung hatten.  

Fazit: Change Impact Assessments erleichtern den Wandel

Die WPG hat ihre neue Prüfungssoftware mittlerweile erfolgreich implementiert. Durch den begleitenden CM-Prozess konnte sie ihre damit verbundenen Ziele schon in kurzer Zeit realisieren. Grundlage hierfür war die frühzeitige Zusammenstellung aller Auswirkungen, die die Einführung der Software auf ihre Nutzergruppen haben würde. Auf diese Weise gelang es den Change Manager*innen Risiken und Bedenken frühzeitig zu antizipieren und ihre Kommunikations- und Trainingsmaßnahmen gezielt darauf auszurichten.

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